Gassigeschichte

Gassigeschichte #14 | Von überlaufenden Gassirunden und Coronahunden

Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass Corona hier in Deutschland zum ersten Mal richtig Thema wurde. Ich weiß noch, wie wir im Februar ein Konzert der Stereophonics (Wer kennt sie? Lasst mir gerne einen Kommentar da!) besuchten und uns dort tatsächlich mit einem Pärchen unterhielten, das wenige Wochen zuvor noch in China gelebt hatte und ein bisschen von Corona dort erzählen konnte. Wer hätte damals ahnen können, dass das unser letztes Konzert für lange Zeit sein würde. Wir auf jeden Fall nicht! Und noch etwas anderes war für uns zu dieser Zeit unvorstellbar. Dabei meine ich jetzt nur indirekt die ganzen Einschränkungen im Alltag. Denn eigentlich möchte ich euch hier ja eine Gassigeschichte über Coronahunde erzählen. 😉

Wo kommen plötzlich die vielen Menschen her?

Beim ersten Lockdown im Frühjahr letzten Jahres fiel es uns zum ersten Mal so richtig auf! Wie jeden Tag schnappten wir uns das Boernetier und liefen unsere normale Gassistrecke entlang. Doch an diesem Tag war irgendwie alles anders. Unsere Gassiwege waren gerammelt voll. Und damit meine ich wirklich so voll, dass Boerne dauerhaft an der Leine bleiben und Herrchen und ich fast den gesamten Weg hintereinander laufen mussten, um Fußgängern auszuweichen, die uns entgegen kamen oder Radfahren ausreichend Platz zum Überholen zu lassen.

Zum Vergleich: In einer “normalen Woche” ist es während einer Gassirunde eine Seltenheit, überhaupt auf andere Menschen zu treffen. Wir wohnen sehr ländlich und unsere Gassirunde führt über Landwirtschaftswege zwischen Feldern und Bauernhöfen entlang. Die einzigen Lebewesen die man normalerweise trifft, sind zwei Schafe (es sind wirklich nur zwei;-)) und ein paar Kühe und Pferde auf einer Weide. Ganz selten sieht man mal einen Jogger oder ein Frauchen mit Hund aus der Ferne.
Auch zählt diese Gegend nicht zu irgendeinem besonderen Ausflugsziel oder einem landschaftlich außergewöhnlichen Ort. Diese Wege besucht man wirklich nur, wenn man hier wohnt und mit dem Hund durch die Felder laufen will. Hier fährt man nicht extra hin, um “Urlaub” zu machen.

Und doch war es absolut überfüllt und die Menschen standen teilweise mit dem Handy in der Hand an Kreuzungen und suchten verzweifelt nach dem “richtigen” Weg. Was beweist, dass sie nie zuvor in dieser Gegend waren. Verlaufen kann man sich dort mangels Größe und Übersichtlichkeit nämlich nicht. 😉

Auffällig war an diesen Personen auch, dass alle ohne Hund unterwegs waren. Versteht mich nicht falsch, die Wege sind für alle da, egal ob mit oder ohne Hund. Aber sobald man die Menschen bittet, einmal mit dem Hintern zu Hause zu bleiben, nicht shoppen zu gehen, möglichst Menschenansammlungen zu meiden und sich ansonsten auch eher zuhause aufzuhalten, ist es für viele Leute der Aufruf schlechthin, möglichst schnell mit möglichst vielen Freunden und Bekannten einen “Ausflug” zu machen. Wir Hundehalter würden uns dagegen gerne an die Regel halten, einfach mal ein paar Tage/Wochen nicht unnötig spazieren zu gehen, haben allerdings nicht die Möglichkeit einfach mal “nur” zu Hause zu bleiben. Denn Hunde (auch Coronahunde) brauchen nunmal ausreichend Bewegung. Und es nervt einfach, wenn wir mit Boerne auf die Felder ausweichen müssen (schönen Gruß an die Bauern, die sich in einer Tour über Hundebesitzer aufregen ;-)) um einen ausreichenden Abstand zu halten.

Coronahunde

Hund und Halter sind vorsichtig

Und an dieser Stelle muss ich tatsächlich einzig und allein die Herrchen und Frauchen (ohne Coronahunde;-)) loben! Diese halten Abstand, denn sie wissen, dass sie mit ihrem Hund vor die Tür MÜSSEN und sich täglich der Gefahr aussetzen, wenn ihnen rücksichtslose Familien den Weg versperren. Anders handhaben es die Menschen, die einfach “nur-mal-raus” müssen. Diese gehen vorzugsweise zu dritt oder viert nebeneinander, weichen – wenn überhaupt – nur im letzten Moment aus, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, haben im Naturschutzgebiet ihre laute Musik dabei, picknicken auf den Parkbänken – und weiträumig im großen Kreis um diese herum – um auf jeden Fall ein bisschen “Urlaubsfeeling” zu bekommen. Niemand hält sich an Abstandsregeln und bei Paaren ist es selbstverständlich, dass man nebeneinander gehen MUSS. Man hat als Paar einfach nicht die Wahl. 😉

Gleichzeitig verlangen aber – vor allem – die Nichthundemenschen, dass Hundebesitzer ihre Hunde ausschließlich an der Leine führen und zudem jede Hinterlassenschaft wegräumen. Am besten noch mit einer Kelle hinterm Hund herlaufen. 😉 Ihr glaubt gar nicht, wie oft Menschen mit Hunden in den Sozialen Medien aus diesem Grund angefeindet werden. Und damit möchte ich es nicht gutheißen, dass Hundebesitzer die Hundesch**** auf dem Gehweg liegen lassen. Das geht natürlich nicht.

Auftritt der Coronahunde

Und dann gibt es da auch noch die “Neuherrchen” und “Neufrauchen”, die sich freuen endlich einem der vielen neugeborenen Coronahunde ein neues Zuhause zu geben und mit diesem gemeinsam die Natur zu erkunden. Das ist auf der einen Seite natürlich richtig klasse, auf der anderen Seite sehen wir aber Welpen – und erwachsene Hunde aus Tierheimen – , die trotz mangelnden Grundgehorsams ohne Leine – teilweise absolut herrenlos – herumstreunen und andere Hunde anpöbeln. Letztens erst trafen wir auf einen – zum Glück – freundlichen Hund, der ohne seine Menschen spazieren ging. Einfangen und anlocken konnten wir ihn nicht. Dafür beobachteten wir, wie er irgendwann in ein Haus lief, in dem er scheinbar lebte. Niemand hat ihn in der Zeit (bestimmt war er mindestens eine halbe Stunde alleine unterwegs) vermisst und sich niemand um ihn gekümmert.

Coronahunde

Viele Menschen erfüllen sich in diesen Zeiten endlich den Traum, einem der vielen Coroanhunde ein schönes Zuhause zu geben. Viele wünschten sich schon lange Hunde, aber aufgrund von Zeitmangel konnten sie sich diesen Traum leider nicht erfüllen. Doch dann kam Corona und plötzlich spielt sich bei den meisten Leuten das Leben hauptsächlich in den eigenen vier Wänden ab. Der optimale Zeitpunkt um sich einen Hund anzuschaffen! Oder doch nicht?

Bei manchen Familien bestimmt. Bei anderen wiederum merkt man, dass sie die ganze Situation stark unterschätzt haben. Unterschätzt haben, dass ein Welpe oder auch ein erwachsener Hund aus dem Tierheim viel Aufmerksamkeit benötigt, Zeit sich einzugewöhnen, viele Dinge lernen muss und ein gewisses Maß an Erziehung benötigt. Hundeschulen haben derzeit geschlossen und Hundetrainerinnen und -trainer dürfen auch nicht so arbeiten, wie sie es gewohnt sind. Und die Zeit, Geduld sowie das Fachwissen, ihre Hunde komplett alleine zu erziehen, haben wohl die wenigsten Leute. Und so sehen wir neuerdings täglich überforderte und teils gestresste Neuhundehalter auf unseren Runden. Täglich? Naja natürlich nur bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen. 😉 Damit will ich den Hundemenschen in unserer Umgebung nicht unterstellen, bei Regen mit ihren Hunden innen zu bleiben, aber zwischen November und Januar konnte ich feststellen, dass unsere Runden nicht voller waren, als vor Corona. Das ändert sich jetzt seit Mitte Februar schlagartig wieder.

Ich hoffe sehr, dass sich jeder gut überlegt, ob ein Hund auch nach Corona noch in den Familienalltag passt und dass die Tierheime demnächst nicht wieder aus allen Nähten platzen. Ich wünsche mir, dass alle Coronahunde in ihrem jetzigen Zuhause bleiben dürfen.

Sind euch die vollen Gassistrecken auch schon aufgefallen? Oder war bei euch immer viel los?

Frauchen und Boerne

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2 Kommentare

  • Isabella

    So war es wohl bei einigen – bei uns zum Glück (fast) nie 😉 Wobei wir ja sehr ländlich leben und auch unsere “normalen” Gassizeiten so ganz anders sind als hier üblich.
    Auf unserer Morgenrunde treffen wir nie jemanden – daran hat sich in den letzten Jahren auch nichts geändert. Tagsüber sind wir meist nur im heimischen Garten oder ganz nahen Umfeld kurz unterwegs, da ist uns auch nichts aufgefallen.
    Aber unsere Spät-Nachmitags/Frühe-Abenrunde, die hat uns ab und an mal Sichtungen von anderen Menschen beschert 🙂 Ich muss allerdings sagen, wir sind ja dann meistens an der Nordsee unterwegs – mal vor und mal hinter dem Deich. An normalen Herbst- und Wintertagen sind wir da auf Kilometer alleine unterwegs. Aber so ganz entfernt sehen wir dann ab und an mal andere Menschen und Hunde. In diesem Jahr haben wir – zumindest an den sonnigen und klaren Tagen – hier deutlich mehr Betrieb gehabt. Wobei das hier dann bedeutet, wir haben etwas alle 1 – 2 km jemanden gesehen … von daher ist hier von Gedränge keine Rede und es ist kein Vergleich zu der Zeit wenn hier der Tourismus wieder einsetzt 😉

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Cara und Shadow

    • Steffi

      Liebe Isabella,

      da habt ihr ja wirklich Glück. Ein paar Menschen alle paar Kilometer sind ja wirklich gut auszuhalten. Es freut mich, dass es bei euch so ruhig zugeht. Genießt die ruhige Zeit, bevor der Tourismus wieder losgeht. 🙂

      Liebe Grüße
      Steffi

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