#8 Angsthund | Wie begrüße ich einen Angsthund richtig?
Dieser Beitrag ist für alle Menschen, die entweder selber mit einem Angsthund zusammenwohnen oder diejenigen, die im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft auf Angsthunde treffen. Ich gebe dir Tipps, wie ein Angsthund richtig zu begrüßen ist.
Du kennst es bestimmt auch! Auf den täglichen Gassirunden trifft man immer mal wieder auf andere Menschen, die den eigenen Hund ja so süß finden und am liebsten direkt umarmen würden. Vor allem in der ersten Zeit, als Boerne noch nicht lange bei uns war, hatten wir solche Situationen relativ häufig. Da wurde dann auch nicht nett gefragt: „Darf ich den Hund mal streicheln?“. Im Gegenteil! Die für Boerne fremden Menschen kamen einfach auf ihn zu und versuchten ihm den Kopf zu tätscheln.
So ein Wuschelhund sieht ja auch einfach viel zu süß aus. Das Fell läd geradezu dazu ein, dass man es unbedingt anfassen muss. Noch dazu guckt Boerne in solchen Momenten super süß und auch seine Schlappöhrchen sind aufmerksam nach vorne gestellt. Dass Boerne diese Situation allerdings nicht so klasse findet, brauche ich bestimmt nicht extra zu erwähnen. Einen Angsthund richtig zu begrüßen ist aber nicht immer so einfach.
Du erinnerst dich bestimmt noch an unsere Anfangszeit mit Boerne und weißt daher, wie schüchtern er war (und manchmal heute noch ist). Nicht einmal wir konnten ihm in der ersten Zeit viele Streicheleinheiten schenken.
Doch wie ist ein Angsthund richtig zu begrüßen?
Boerne ist und bleibt eben ein Angsthund, da kann man noch so viel trainieren – fremde Menschen sind ihm einfach nicht geheuer. Versucht jemand ihn an anzufassen, wenn er an der Leine ist, dann geht er ein paar Schritte zurück und versteckt sich hinter uns. Oder alternativ zu diesem Verhalten dreht er auch einfach nur den Kopf weg. Läuft er frei, dann macht er sowieso einen großen Bogen um andere Leute und dementsprechend können sie ihm gar nicht nah genug zum Anfassen kommen.
Sprich mit Frauchen oder Herrchen – Einen Angsthund zu begrüßen ist nicht immer erwünscht
Ich bin auf unseren Gassirunden immer sehr dankbar, wenn Menschen Rücksicht nehmen. Auch wenn du natürlich nicht sofort erkennen kannst, ob dir jetzt ein Angsthund begegnet oder ein – ich nenn es jetzt mal – „normaler“ Hund auf dich zuspaziert, ist es immer ratsam, im ersten Schritt mit dem anderen Ende der Leine zu sprechen. In diesem Fall kann ich dir den Tipp geben, frag einfach mal bei Frauchen oder Herrchen nach, ob der Hund gestreichelt werden darf. In Deutschland ist dies leider nicht üblich und wenn der Hund nur ein bisschen süß guckt, wird er von fremden Menschen bedrängt oder ihm wird einfach beim vorbeigehen ins flauschige Fell gegriffen. Jetzt ist Boerne zum Glück ein Angsthund, der nicht direkt zubeißt und sich „nur“ erschreckt. Aber man muss es ja nicht darauf ankommen lassen.
Ich schreibe hier übrigens ausschließlich von erwachsenen Menschen. Kinder sind da – unserer Erfahrung nach – viel Rücksichtsvoller. Schon oft haben uns Kinder gefragt, ob sie denn mal den Hund streicheln dürften. Wir wir mit so einer Frage umgehen, erzähle ich dir gleich. Zuvor möchte ich dir mit dir noch einen kleinen Erfahrungsbericht aus dem Vereinigten Königreich teilen.
Kleiner Erfahrungsbericht zum Umgang mit fremden Hunden in Großbritannien
Hier haben wir auf unseren Reisen ganz andere Erfahrungen gemacht, als bei uns zuhause. Hier nehmen nämlich nicht nur die kleinsten Kinder Rücksicht auf alle Hunde und andere Tiere. Sogar die Erwachsenen sind hier sehr zurückhaltend, wenn es um das Streicheln fremder Hunde geht, aber dafür auch umso interessierter. Nirgendwo anders wurden wir so oft auf Boernes Geschichte angesprochen, wie in Großbritannien. Egal ob hoch oben auf dem Berg oder mitten in der City. Wildfremde Menschen liefen an uns vorbei und sprachen uns interessiert an, wollten alles über Boernes Herkunft wissen, hielten Abstand zu ihm und bedrängten ihn nicht. Viele dieser Menschen erkannten seine Angst und für sie war es toll zu erfahren, dass das Hundetier ein Zuhause hat und sogar mit in den Urlaub fahren darf. Die Hundeliebe wird in Großbritannien nämlich sehr groß geschrieben und viele Menschen dort haben Hunde aus dem Tierschutz.
Auch in den verschiedenen Sehenswürdigkeiten haben alle Rücksicht auf das Hundetier genommen und Abstand gehalten. Boerne durfte bei Schiffsfahrten immer als erster aussteigen und besonders lustig war auch eine kurze Zugfahrt mit einer Dampflok. Boerne hatte hier natürlich sein eigenes Ticket und als der Schaffner kam und Boerne versuchte sich vor ihm zu verstecken, erklärte ihm der Schaffner sehr ausführlich, dass er sich keine Sorgen machen brauche, er habe ja schließlich sein eigenes Ticket und es sei alles bezahlt, er dürfe hier sein. Zur Belohnung gab es noch einen Keks.
Muss der Angsthund überhaupt von fremden Menschen gestreichelt werden?
Klare Antwort: Nein! Wie oben schon erwähnt, werden wir immer mal wieder von Kindern gefragt, ob sie Boerne streicheln dürfen. Wir erklären diesen dann kurz, dass Boerne große Angst vor Menschen hat, die er nicht kennt und deshalb lieber nicht gestreichelt werden möchte. Bedanken uns bei den Kindern, dass sie gefragt haben und das ist dann auch für alle in Ordnung.
Bei Erwachsenen entscheide ich das abhängig von der Sympathie und Situation. Natürlich lasse ich grundsätzlich nicht zu, dass Boerne einfach so gegen seinen Willen gestreichelt wird, aber ich spreche mit meinem Gegenüber über Boernes Angst und darüber, dass er von sich aus auf die Menschen zugehen muss. Viele nehmen das als Herausforderung an, hocken sich mit einiger Entfernung auf den Boden, bitten manchmal auch um ein Leckerchen. Boerne kann dann selber entscheiden, ob er die Einladung annehmen möchte oder nicht. Meist entscheidet er sich inzwischen für die Nähe, wenn Futter im Spiel ist. Ohne Leckerchen gibts da keine Chance. Aber ok, ich sehe das als Training an, um Boerne weiterhin die Angst vor Menschen zu nehmen.
Der Besuch will den Angsthund unbedingt anfassen
Auch unseren Freunden und Gästen erklären wir natürlich, dass Boerne kein Hund ist, der schwanzwedelnd zur Tür kommt und die Gäste begrüßt. Hier gilt ganz klar, dass Boerne von selbst auf unsere Gäste zukommen muss und das ist bislang auch für alle in Ordnung so. Ausführlich habe ich diese Situation in diesem Blogbeitrag beschrieben: #6 Angsthund | Hilfe mein Hund hat Angst vor Besuch – Dort erfährst du auch wie ein Angsthund richtig zu begrüßen ist.
Wie begrüße ich denn nun einen Angsthund richtig?
Nicht fordernd sondern abwartend. Warte am besten ab, ob der Hund auf dich zukommt, hocke dich vielleicht hin, damit du auf den Hund nicht allzu bedrohlich wirkst und bringe viel Geduld mit. Mache keine hektischen Bewegungen und beobachte genau, die Reaktion des Hundes. Weicht der Angsthund zurück, dann breche den „Streichelversuch“ einfach ab und versuche es – wenn es die Situation zulässt – einfach später noch einmal. Auch solltest du dem Hund nicht einfach über den Kopf tätscheln, sondernden Hund lieber seitlich am Hals oder Rücken berühren.
Ansonsten gilt in meinen Augen: Nicht jeder Hund muss von dir gestreichelt werden. Einen Angsthund richtig zu begrüßen ist auch nicht immer so leicht und auch nicht immer gewünscht. Der Hund wird es dir danken. 🙂