Angsthund,  Hund

#2 Ein Angsthund zieht ein | Tipps für einen guten Start

Als wir Boerne kennengelernt haben, war uns schon klar, dass er kein einfacher Hund sein würde, der schwanzwedelnd in sein neues Zuhause spaziert, alles erkundet, ein bisschen spielt, danach frisst und sich dann erstmal schlafen legt. Bei unserem Kennenlernen wurde uns allerdings leider nicht das ganze Ausmaß seiner Ängstlichkeit deutlich und die Pflegestelle wirkte auch ein bisschen überfordert. Ob das an der Anzahl der über 10 Hunde lag, die sie in ihrem kleinen Häuschen betreute oder an der Tatsache lag, dass Boerne nur kurze Zeit bei ihr war, kann ich nicht sagen, aber wir hatten damals ein wenig das Gefühl, dass man uns nicht alles sagen wollte. Aber gut, wir wollten die Herausforderung annehmen und ihn bei uns aufnehmen. Die ganze Geschichte vom Angsthund Boerne habe ich dir hier schonmal aufgeschrieben.

Mein Tipp für dich ist aus dieser Erfahrung heraus auf jeden Fall, dass du schon im Vorfeld viele Fragen stellen solltest, die dir die Sicherheit geben können, ob es sich um einen Angsthund handelt oder nicht und wie sich dein Hund in verschiedenen Situationen verhält. Denn nur so, kannst du den Einzug für deinen Hund (und auch für dich) so angenehm wie möglich gestallten. Beachte dabei aber unbedingt, dass sich dein Hund zunächst an die neue Situation in deinem Zuhause gewöhnen muss und daher am Anfang nicht unbedingt zu 100% auf die Charakterbeschreibung der Pflegestellen und/oder Tierheime passen muss.

Der große Tag

Zieht der Angsthund ein, gibt es schon beim Abholen einen ganz wichtigen Punkt, den du beachten solltest. Sichere den Hund so gut, es dir möglich ist. Wir haben beim Abholen für die ersten Tage ein Geschirr und Halsband von der Pflegestelle mitbekommen, dass wir dann nach einer Woche zurückgeschickt haben, nachdem wir neues Zubehör besorgt hatten. Vor allem Angsthunde sind eigentlich ständig auf der Flucht und die Gefahr ist riesig, dass der Hund auf den paar Metern zum Auto und später vom Auto in sein neues Zuhause ausbüxt. Ein gut sitzendes Geschirr ist also unbedingt notwendig. Der Angsthund sollte sogar am besten ein Sicherheitsgeschirr (wenn es nicht anders geht, auch ein normales Geschirr) tragen und zusätzlich noch ein Halsband, sowie doppelt gesichert sein. Zwei Leinen sind auch nie verkehrt. Boerne haben wir sogar ins Auto getragen. Sicher ist sicher!

Achtet bei der Wahl eures Geschirrs und eurer Leine unbedingt auf eine gute Qualität. Uns ist schon einmal eine Leine gerissen bzw. der Karabinerhaken abgerissen. Das war zum Glück erst, als Boerne schon lange bei uns war und er nicht abhauen wollte. Unser Geschirr und unsere Leine verlinke ich euch unter diesem Beitrag. Wir sind sehr zufrieden. Kommt der Angsthund erst noch bei euch an, empfehle ich euch ein richtiges Sicherheitsgeschirr. Auch das verlinke ich unter diesem Text.

Zuhause angekommen haben wir ihm dann im Haus erstmal nur das Wohnzimmer gezeigt, sein Kissen und seine Näpfe. Das Hundekissen haben wir in einer Raumecke platziert. So war klar, dass Boerne eine „sichere“ Wand im Rücken hatte, die er nicht bewachen musste. In der Hoffnung, dass er so schneller zur Ruhe kommen konnte. Er hat viel gezittert und durfte zunächst in Ruhe ankommen. Auf seinem Kissen ist er aber nicht lange geblieben und hat sich den wohl „besten“ Platz im ganzen Haus gesucht. Er hat sich neben die Wohnzimmertüre gelegt und wollte dort auch nicht mehr weg.

Endlich im neuen Zuhause

Getrunken hat er nicht, gefressen auch nicht und natürlich hat er sich auch nicht bewegt. Gib deinem Angsthund die Zeit, die er benötigt. Zwinge ihn nicht, sich auf „seinen“ Platz zu legen und auch wenn es sehr, sehr schwerfällt, ignoriere ihn zum Großteil, um ihn einfach nicht zu überfordern. Ab und zu kannst du ihm natürlich mal ein Leckerchen hinlegen. Er wird es wahrscheinlich nicht fressen, aber versuchen kann man es ja mal. Jeder Hund ist schließlich anders. Sei auf jeden Fall nicht enttäuscht, wenn sich dein neuer Schatz sehr distanziert zeigt.

Wir haben Boerne übrigens am Anfang seinen Futternapf und sein Wasser direkt neben sein Kissen gestellt. Er sollte nicht weit laufen müssen um seine Nahrung zu bekommen. Für einen Angsthund ist es in der ersten Zeit – in vielen Fällen – eine unüberwindbare Hürde, sich frei in seinem neuen Zuhause zu bewegen. Alles ist fremd. Die Menschen, die Geräusche, die Umgebung. Nach zwei Tagen hat Boerne übrigens zum ersten Mal bei uns gefressen. Die Besonderheit daran: Er hat es nachts getan, als es dunkel und alles ruhig war. Das hat er auch die ersten Wochen so beibehalten. Am besten lässt du in der ersten Zeit, einen gefüllten Napf Trockenfutter stehen. Dein Hund wird fressen, wenn es ruhig, dunkel ist und er sich sicher fühlt.

Gassigehen wird überbewertet

Ja, du hast richtig gelesen! Wir sind die ersten Wochen ganz pflichtbewusst dreimal am Tag mit ihm ein kurzes Stück gelaufen. Gut gesichert ging es los und Boerne ist auch tatsächlich mitgekommen, nachdem er sich zunächst verweigert hat und wir ihn regelrecht zu einem Spaziergang zwingen mussten. Wir haben es durchgezogen! Mit dem Ergebnis, dass sich Boerne direkt bei unserer ersten Runde furchtbar erschrocken hat, er sich innerhalb weniger Sekunden aus Halsband und Geschirr befreite und dann direkt über die Straße zu uns nach Hause gelaufen ist. Was hatten wir ein Glück, dass der herannahende Autofahrer eine Vollbremsung machen konnte und Boerne Minuten später vor unserer Haustüre saß und auf uns wartete. Das war vielleicht ein Schock!

Wir haben weitergemacht

Trotzdem haben wir weiter Spaziergänge gemacht. Es war allerdings für alle Beteiligten mehr Stress als Entspannung. Boerne wollte einfach nicht aus dem sicheren Haus gehen, hat sich einfach nur hingesetzt und gezittert. Erst wenn wir ein Stück gelaufen sind, hat er sich beruhigt. Die Runde hat er mit uns durchgezogen, aber nicht gemacht und nicht geschnüffelt. Ich glaube, dass er froh war, als er wieder zuhause war. Eine Hundetrainerin hat uns dann geraten, erstmal gar nicht mehr mit dem Boernetier vor die Tür zu gehen und ihn einfach nur in den Garten zu lassen. Was für eine Erleichterung! Für uns alle! Boerne hatte nun endlich genug Zeit um das Haus und uns kennenzulernen. Das ist ohne Garten natürlich nicht umzusetzen. Hier würde ich empfehlen, die Runden am Anfang wirklich nur ganz kurz zu halten.

Bist du ein stolzer Gartenbesitzer? Dann heißt es für dich auf jeden Fall einen richtigen Kontrollgang vorzunehmen und mögliche Lücken im Zaun zu stopfen. Auch solche, die du vielleicht gar nicht für eine Lücke hältst. Wir haben zum Beispiel eine riesige dichte Hecke. Da kommt niemand durch – dachten wir jedenfalls. Boerne schaffte es innerhalb kürzester Zeit, sich durch die Hecke zu zwängen und einen Abgrund runter zu purzeln. Das Loch ist inzwischen natürlich repariert. Auch hier hatten wir wieder Glück, dass Boerne hier nicht weiter weggelaufen ist und wir ihn mit viel Geschick wieder aufs Grundstück bitten konnten. Danach hat er sich nur noch IN der Hecke versteckt und nicht mehr dahinter.

Vertrauen zum Angsthund aufbauen

Ist dein Hund ein paar Wochen im neuen Zuhause angekommen, hat er vielleicht schon gelernt, dass von diesem Ort keine Gefahr ausgeht und nun heißt es für dich: Vertrauen aufbauen! Wir haben dazu das Mittel der Handfütterung genutzt und sind der festen Überzeugung, dass es uns auf jeden Fall weitergeholfen hat. Dazu setzt du dich zur Fütterungszeit in die Nähe deines Hundes auf den Boden und hältst ihm die ausgestreckte Hand mit seinem Futter hin. Dann heißt es warten, warten … ganz viel Geduld mitbringen! Es kann gut sein, dass dein Hund die ersten Male noch nicht einmal aufschaut, wenn du mit dem Futter in seiner Nähe bist.

Lasse dich davon nicht frustrieren, sondern mache einfach weiter. Es kann auch helfen eine kleine Leckerchen/Futter-Spur zu deiner Hand zu legen. Wichtig ist: Achte darauf, dass dein Hund sein Futter nur noch aus deiner Hand bekommt und nicht mehr aus einem Napf. Die Futterspur soll hier nur die Aufforderung sein, zu deiner Hand zu kommen. Es braucht viel Zeit und es gibt sicher auch mal Rückschläge, aber langsam baut dein Hund so Vertrauen zu dir auf – in deiner Nähe zu sein – und er merkt, dass er keine Angst vor dir haben musst.

Auch ein Angsthund lebt sich gut im neuen Zuhause ein

Sichere deinen Hund bei der Ankunft und auch in der folgenden Zeit sehr gut mit Geschirr, Halsband und Leine(n). Gib deinem Hund die nötige Zeit anzukommen und überfordere ihn nicht. Gassirunden sollten – wenn du die Möglichkeit dazu hast – in den ersten Wochen keine Rolle spielen. Der Hund braucht erstmal die Zeit um die neue Umgebung und dich kennenzulernen. Nähere dich deinem Hund langsam mit einer täglichen Handfütterung an. Dann wirst du merken, dass dein Hund bald Vertrauen zu dir fasst. Natürlich ist jeder Hund anders und bei manchen Tieren klappt es schneller und bei manchen dauert es eben länger, bis sie sich zuhause fühlen. Gib deinem Hund die Zeit, die er benötigt.

Hast du noch Fragen zu dem Thema? Oder vielleicht noch weitere Tipps? Welche Erfahrungen hast du beim Einzug von deinem Hund gemacht? Schreib mir gerne einen Kommentar.

Zum Schluss habe ich noch einige Links mit nützlichen Hilfsmitteln für dich:

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4 Kommentare

  • Jenny

    Borne hat es gut, dass er bei Euch gelandet ist.

    Unser Whiskey war anfangs ein Ausreißer. Nicht unbedingt aus Angst. Wir haben uns einen GPS Tracker besorgt. Dann weiß man immer, wo man seinen Hund suchen muss.
    Leider hat er jetzt oft Angst spazierenzugehen. Für uns war/ist kein Auslöser erkennbar. Das kam von eben auf jetzt. Oft beim Starten vom Spaziergang. Kann aber auch gut losgehen und unterwegs ist dann irgendetwas. Wahrscheinlich ein Geräusch. Auch da hat uns der GPS Tracker schon gute Dienste geleistet.

    • Steffi

      Liebe Jenny,

      danke für deine lieben Worte!

      Boerne war am Anfang bei uns (und ist es manchmal noch heute) ein kleiner Ausreißer. Wenn wir unterwegs sind, dann geht es schon. Er ist auch schon zweimal weggelaufen, aber jedes Mal auf dem direkten Weg nach Hause. Aber im Garten sucht er sich gerne mal Lücken in der Hecke um ein bisschen Freiheit zu genießen. Du glaubst gar nicht, wie viele Stellen wir nach und nach sichern mussten. Jetzt ist alles dicht. Aber wir haben auch einen GPS Tracker an seinem Halsband angebracht und eine zeitlang durfte er nur damit in den Garten gehen. Du glaubst gar nicht, wie verblüfft er geguckt hat, als ich ihn von Tag zu Tag schneller gefunden habe. 😉 Hinter unserem Haus ist zum Glück ein Sportplatz und da begibt er sich nicht in Gefahr. Aber trotzdem darf er nicht selber entscheiden, wann er spazieren geht. 😉

      Es ist immer schwierig, wenn man den Angstauslöser nicht kennt. Da kann man dann nur Vermutungen anstellen und das macht die Gegensteuerung umso komplizierter.

      Aber gut, dass ihr einen Tracker habt. So seid ihr alle auf der sicheren Seite! 🙂

      Liebe Grüße
      Steffi

  • Christian Beck

    Unsere Frida war eher ein Hund der super im Mensch Hund Rudel lebte. Das einzige Problem bei ihr waren die Fremden. Zu Beginn war es so schlimm das sie Fremden in die Waden zwickte. Würde der Fremde dann mit der Zeit akzeptiert von ihr war alles super. Ursprünglich ist Frida in Ungarn auf der Strasse Groß geworden, was ihr Verhalten gegenüber Fremden erklären konnte.

    • Steffi

      Lieber Christian,

      danke für deine Nachricht! Es ist ja wirklich häufig so, dass Hunde, die auf der Straße gelebt haben, nicht unbedingt positiv auf fremde Menschen reagieren. Das braucht immer viel viel Zeit und Geduld. Einige Hunde verstehen dann, dass die fremden Menschen ihnen nichts böses wollen. Es ist toll, dass Frida die Fremden mit der Zeit akzeptiert hat.

      Viele Grüße
      Steffi

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